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07.02.2022: Macron (re) wundert sich, dass der Kreml-Chef (li) auf Abstand ging | Quelle: Kremlin.ru, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons

Im dritten Teil des Interviews durch die Gesellschaft des „Frankreich-Russland Dialogs“ legt der russische Aussenminister offen, wie die „Charta von Paris“ mit ihrer Verpflichtung für freien Informationszugang aller Mitgliedstaaten der OSZE vom Westen flagrant gebrochen wurde.

Sergey Lawrow: „Die grossen Unglücksfälle der letzten
500 Jahre gingen von den gleichen Staatengruppen Europas aus!“

Frage: Sie haben an das Treffen zwischen Präsident Wladimir Putin und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron im Jahr 2019 erinnert. Die «Vereinigung für den französisch-russischen Dialog» wurde vor 20 Jahren gegründet. Der damalige französische Präsident Jacques Chirac und Präsident Wladimir Putin schufen diese Plattform, die als Impulsgeber zur Förderung der bilateralen Beziehungen gedacht war. Im Jahr 2024 haben wir das 20-jährige Jubiläum gefeiert.

Das Letzte, woran sich die Menschen in Frankreich, die sich für das Geschehen interessieren erinnern, ist der lange Tisch, der Emmanuel Macron von Wladimir Putin trennte. Das geschah kurz vor den traurigen Ereignissen und es wurde viel darüber gesprochen. Wird es eine Rückkehr zu normalen Beziehungen, die unsere beiden Länder früher hatten, geben können?

Sergej Lawrow: Sprechen Sie von einem langen Tisch, gedeckt mit luxuriösen Speisen?

Frage: Nein, von einem leeren!

Sergej Lawrow: Geschah das vor Beginn der Speziellen-Militär-Operation [SMO]?

Frage: Ich glaube, es war im Januar 2022.

Sergej Lawrow: Es ereignete sich am 7. Februar 2022 – inmitten der Pandemie. Es ist nicht so, dass ich ein Problem habe, mich zu dieser Angelegenheit zu äußern, trotzdem möchte ich nicht darauf eingehen.

Uns wird ständig vorgeworfen, dass wir die sogenannten europäischen Ideale verraten hätten. Tatsächlich war es jedoch die andere Seite, welche diese Ideale, wie die Fakten zeigen, verraten haben:

Ich beziehe mich dabei auf alles, was von der OSZE verabschiedet wurde: Zum Beispiel die Charta von Paris für ein neues Europa aus dem Jahr 1990. Russland versucht selbst heute noch, besagte Bestimmungen einzuhalten, da …

  • es diese nach wie vor für relevant hält,
  • diese unser Engagement für Zusammenarbeit auf Augenhöhe widerspiegeln,
  • die festgelegten Grundsätze Gerechtigkeit widerspiegeln!

Frankreich jedoch ignoriert dieses Dokument weitgehend, obwohl es Gastgeber des besagten Gipfels war. Dasselbe gilt auch in Bezug auf Medienfreiheit für andere EU- und NATO-Mitglieder.

Dieser Gipfel ebnete den Weg für mehrere Entscheidungen: 1990 erlebte die Sowjetunion ihre letzten Tage und alle versuchten, Michail Gorbatschow zu bezaubern und eine konstruktive Zukunft in Aussicht zu stellen. Einige sahen wahrscheinlich schon den bevorstehenden Zerfall der Sowjetunion voraus. Doch, selbst zu diesem Zeitpunkt gab es solche, die sich daran machten, die Rolle Russlands, wie wir heute aus Archivdokumenten entnehmen können, zu schmälern.

Unter anderem verabschiedete die OSZE auf höchster Ebene anlässlich dieses Gipfels ein Dokument in Bezug auf den Zugang zu Informationen. Darin wird ohne jeden Zweifel bzw. ohne jede Ambivalenz bestimmt, dass …

… jedem OSZE-Mitglied freier Zugang zu Informationen gewährleistet werden müsse!

Das hätte unabhängig davon zu gelten, ob die Quellen innerhalb des jeweiligen Staates oder außerhalb seiner Grenzen lägen: In dieser Hinsicht war festgelegt, dass es keine Einschränkungen geben dürfe!

RT und Sputnik liefern dazu eklatante Gegenbeispiele, was der Westen, wofür er anfänglich eingetreten war, im Anschluss ignorierte. Damals handelte man nur aus opportunistischen Gründen, damit sich die UdSSR so weit wie möglich öffne, um die Infiltration zu erleichtern und die westliche Agenda voranzutreiben!

Wir geben uns keinerlei Illusionen hinsichtlich der Personen hin, welche im Westen hohe Ämter bekleiden. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán und slowakische Ministerpräsident Robert Fico bilden lediglich Ausnahmen. Andrej Babiš hat nun das Amt des Ministerpräsidenten der Tschechischen Republik übernommen. Dabei handelt es sich um pragmatisch denkende Politiker. Doch es ist nicht so, dass jene Personen pro-russisch eingestellt wären:

Sie sind vielmehr pro-ungarisch, pro-slowakisch und pro-tschechisch und konzentrieren sich auf ihr eigenes Volk! Sie wollen ihr Volk nicht dazu bringen, ihre Kinder opfern zu müssen, nur um das Nazi-Regime [in der Ukraine] zu unterstützen.

Mein vormaliger Kollege und Außenminister Finnlands, Alexander Stubb, meint mittlerweile alles zu verstehen: Seit seiner Wahl zum Präsidenten hat er eine ausgesprochen russlandfeindliche Haltung eingenommen, wobei natürlich das Golfspielen mit Donald Trump mit dazu gehört.

Finnland hat über viele Jahrzehnte an seiner Neutralität festgehalten, was jedoch nicht verhindern konnte, dass Ursprünge nationalsozialistischer Vergangenheit in finnischen Ländereien wieder am Aufkeimen sind. Sie haben mit Adolf Hitler zusammengearbeitet, um:

  • an der Besetzung der Sowjetunion mitzuwirken,
  • die Belagerung Leningrads mit zu organisieren,
  • sich an Gräueltaten und ethnischen Säuberungen zu beteiligen!

Ich war jedoch stets von der aufrichtigen Überzeugung getragen, dass besagte Jahre der Neutralität und nachbarschaftlichen Beziehungen zu Russland wichtig waren. Ich war oftmals in finnischen Grenzstädten zu Besuch, um an Sitzungen des Arktischen Rates teilzunehmen. Die Menschen, die in der Nähe der Grenze wohnen, besuchten sich gegenseitig und konnten dem ohne Visum nachgehen. Man hat Filmvorführungen und Tanzfestivals veranstaltet, sodass sich freundschaftliche Beziehungen zwischen Familien entwickeln konnten:

Inzwischen hat man alles auf einen Schlag zunichtemachen lassen!

Ich möchte in diesem Zusammenhang gar nicht weiter auf die wirtschaftlichen Schäden sowie Auswirkungen der Grenzschließung auf die zwischenmenschlichen Kontakte eingehen. Inzwischen wird entlang dieser Grenze eine NATO-Infrastruktur aufgebaut und eine weit verbreitete russlandfeindliche Ideologie zum Einsatz gebracht. Sie zielt darauf ab, an eine Zeit zu erinnern, …

  • in der wir Finnland vermeintlich etwas weggenommen hätten,
  • wonach das nationalistische Regime es sich kurz vor dem Zweiten Weltkrieg leisten konnte, über legitime Sicherheitsinteressen Russlands hinwegzusehen und [finnische] Militäreinheiten nur einen Marschtag von St. Petersburg entfernt, in Stellung zu halten.

Diese DNA mit der Erinnerung, Russland in Schach halten zu müssen, hat das Verhalten von Alexander Stubb inzwischen wieder zum Vorschein gebracht. Es entzieht sich meiner Kenntnis, wie das alles gehen soll bzw. wie er sich das vorstellt. Um ehrlich zu sein, hat er sogar kürzlich zugegeben, eines Tages mit unserem Land wieder reden zu müssen.

Solche Momente der Wahrheit werden sie einholen: Doch, nachdem Finnland sich für Gespräche bereit zeigen wollte, werden wir erst anfangen über die Agenda dahinter zu befinden: Denn, falls die Finnen davon ausgehen, dass wir sogleich herbeieilen würden, sobald sie ihre Bereitschaft, sich mit Russland an den Verhandlungstisch zu setzen, bekundet hätten, wird das nicht eintreten. Wir wollen erst verstehen, was sie bereit sein könnten zum Verhandlungstisch mitzubringen:

Erst danach werden wir entscheiden!

Frage: Die Militäroperationen in der Ukraine dauern an, doch es scheint gewisse Widersprüche zu geben: Erst kürzlich wurde uns mitgeteilt, dass die Front vorrücke und Russland auf dem Schlachtfeld dominiere. Das entspricht Ereignissen, die nur schwer zu verbergen sind. Doch für die großen westlichen Länder – Frankreich, Deutschland und Großbritannien – scheinen diese Ergebnisse nicht zu existieren.

Am 17. November besuchte Wladimir Selenskyj Paris, ich glaube zum neunten Mal. Zusammen mit Emmanuel Macron unterzeichneten sie eine Absichtserklärung über den Kauf von bis zu 100 Rafale-Kampfflugzeugen durch Kiew. Derzeit wird viel darüber diskutiert, wer dafür zu bezahlen hätte, obwohl das höchstwahrscheinlich nur eine Angelegenheit für die französischen Steuerzahler bleibt. Meine Frage lautet: Wie sah die Strategie Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands von Anfang an aus? Lautete sie einfach: „Wir geben der Ukraine Geld und glauben an ihren Sieg“?

Sergej Lawrow: Gemäß gesundem Menschenverstand kann ich diese Situation nicht verstehen. Haben sie ihm 100 Rafales [französische Kampflugzeuge von Dassault] versprochen?

Frage: Bis zu hundert!

Sergej Lawrow: Wladimir Selenskyj hat mit dem britischen Premierminister Keir Starmer einen Vertrag über 100 Jahre unterzeichnet:

Mir scheint, die Zahl 100 gefällt ihm!

Erst kürzlich wurde bekannt, dass weitere 100 Millionen an Bestechungsgeldern an korrupte Beamte geflossen wären. Hat jemand aus der Brüsseler Bürokratie oder aus Ländern, welche die Ukraine mit Geld zuschütten, ihren Steuerzahlern erklärt, dass sie Geduld und Entbehrungen aufzubringen hätten? Vielleicht gibt es auch dort einige Nutznießer? Ich möchte nichts ausschließen.

Aber warum diese Russophobie in ihren Herzen Fuß gefasst hat, vermag ich nicht zu begründen. Das Einzige, was man wohl mit Fug und Recht behaupten kann ist, dass …

… all das Lächeln und die Umarmungen, die noch vor der Ukraine-Krise den russischen Vertretern entgegen schlug, nichts als reine Show-Einlagen waren!

Man täuschte vor, wohlwollend zu sein, aber in Wirklichkeit wünschte man Russland nur Schaden und Pech!

Die Tatsache, dass sie jetzt den Zusammenbruch unserer Wirtschaft vorhersagen und sich ausmalen, dass unser Volk mit Mistgabeln aufstehen und auf die Barrikaden gehen werde, zeigt einmal mehr, dass Europa seinem Ruf, den es sich in den letzten 500 Jahren erworben hat, weiterhin gerecht wird, wobei…

… alle großen Unglücksfälle genau von diesen Staatengruppen – einige kleiner, andere größer – ausgegangen sind!

Zwei Weltkriege begannen in Europa aufgrund der Ambitionen verschiedener europäischer Führer. Leider ist dieser „historische Code“ nicht verschwunden und die Aggressivität mit russophober Schattierung geht in Europa weiter.

Übersetzung: UNSER-MITTELEUROPA

Von unserer Redaktion ‚Zeitgeschichte und Globalpolitik‘.
UNSER MITTELEUROPA + kritisch + unabhängig + unparteiisch +

UNSER-MITTELEUROPA-Beiträge unter „Zeitgeschichte und Globalpolitik“ mögen deutschsprachigen Lesern wie auch Historikern als ergänzende Zeitdokumente dienen, nachdem die gängige Massenberichterstattung im deutschen Sprachraum zu politischen Themen oftmals von Tendenzen einer mehr oder weniger lückenhaften Darstellung, wenn nicht immer stärker werdenden Zensurbestrebungen geprägt ist.

***

Fortsetzung mit Teil 4  folgt

    • Teil 1 des Interviews erschien: HIER
    • Teil 2 des Interviews erschien: HIER

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Von Redaktion

3 Gedanken zu „Sergey Lawrow über die Faszination der «Zahl 100» für Ukraine und Westen – Teil 3“
  1. putin wird sein baby weiterrollen bis russisch odessa wieder russisch ist.

    und wenn trump grönland will
    muss für ihn oder eben russisch europa, mindestens paris und london dabei rausspringen))

    1
  2. Svetlana Lada-Rus über die Situation in Chabarowsk:

    „In Chabarowsk herrscht offene Willkür. Behörden stürmen unkontrolliert Häuser – nicht auf „kulturelle“ oder diskrete Weise. Schon zu Zeiten Stalins wurden Menschen ruhig abgeholt, festgesetzt und weggeführt. Heute hingegen kommen sie mit Brechstangen und Vorschlaghämmern, brechen Türen auf, handeln laut, brutal und dreist, und unterdrücken gezielt die Psyche der Menschen, um Angst zu verbreiten.

    So traf es auch Elena Panteleeva. Wahrscheinlich nach Sichtung eines Videos wurde sie festgenommen – wissen Sie wofür? Dafür, dass sie Svetlana Lada-Rus unterstützt und sich gegen die Willkür im Justizsystem ausgesprochen hat.

    Wie kann man nur jegliches juristisches Gewissen und Rechtsempfinden verlieren, um Menschen für derart legitime Handlungen zu bestrafen? Allein dafür, dass sie einen Volksführer unterstützen und gegen die Ungerechtigkeit im Gerichtswesen eintreten.

    Elena Panteleeva selbst wurde bereits Opfer solcher Willkür: Ihre Schwester Natalja Ignatjewa, lediglich Leiterin eines Volkstanzkreises, wurde unter fingierten, manipulierten Vorwürfen verurteilt. Entscheidende Beweise für ihre Unschuld wurden von den Richtern ignoriert, während gefälschte Anschuldigungen ungeprüft Grundlage des Urteils wurden.

    Derartige Fälle treten häufig auf. Kritik an der Willkür der Justiz wird bestraft – das steht sogar in den Urteilen selbst. Es sollte nun wirklich die letzte Geduldsprobe für unser Volk sein: Jeder ehrliche Mensch kann für seine ehrlichen Worte gedemütigt, beleidigt, unterdrückt und eingesperrt werden. Allein das Volk kann für Gerechtigkeit sorgen und durch die Wiederbelebung seiner inneren Stärke die Herrschaft über das eigene Land zurückerlangen.“

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