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19.6.2025 – Wladimir Putin vor den 14 bedeutendsten Nachrichten Agenturen | Quelle: Screenshot Kreml / Artwork UM

Im dritten und letzten Teil unserer Serie erläutert Wladimir Putin u.a. dem Vertreter von AP, worin sich der völkerrechtswidrige Angriffskrieg der USA und ihrer Verbündeten gegen den Iran von Russlands Spezial-Militär-Operation gegen das Regime der Ukraine unterscheidet.

 Karim Talbi [AFP]: „Trump und Netanyahu diskutieren
öffentlich den gezielten Mordanschlag auf Ali Chamenei!“

Wladimir Putin zwischen dem Vertreter von TASS (li) und Xinhua (rechts von Putin) | Quelle: Screenshot Kreml

Mikhail Gusman: Vielen Dank, Wladimir Wladimirowitsch!

Ich möchte Ihnen eine weitere Person vorstellen, die Sie bereits von unserem Treffen im letzten Jahr kennen: Karim Talbi, Chefredakteur für Europa bei der französischen Presseagentur [AFP]. Er ist ein Meister des Informationsjournalismus und genießt innerhalb der französischen Presseagentur unbestrittene Autorität. Darüber hinaus spricht er fließend Russisch und es ist mir aufgefallen, dass er all Ihren Antworten ohne Kopfhörer zugehört hat. Karim, bitte!

Karim Talbi: Guten Abend! Können wir zum Thema Iran und Israel zurückkehren?

Wladimir Putin: Bitte!

Karim Talbi, Chefredakteur Europa von AFP | Quelle: Screenshot Kreml

Karim Talbi: Falls Israel morgen, mit oder ohne Hilfe der Vereinigten Staaten, einfach [Ali] Chamenei [Oberhaupt des Irans] töten würden, wie würden Sie und Russland reagieren bzw. was würden Ihre ersten Maßnahmen sein? Das ist der erste Teil der Frage.

Wladimir Putin: Herr Talbi, wenn Sie mir gestatten und ich hoffe, dass dies die korrekteste Antwort auf Ihre Frage ist:

Ich möchte eine solche Möglichkeit nicht einmal diskutieren!

Karim Talbi:

 Aber jene [Anmerkung der Redaktion: Die hohen Vertreter des Wertewestens] diskutieren das bereits offen: Herr Trump und Herr Netanjahu!

Wladimir Putin: Ich höre das alles. Aber ich möchte darüber nicht einmal sprechen!

Karim Talbi: Der zweite Teil meiner Frage betrifft ebenfalls den Iran. Es gibt einen Vertrag über strategische Partnerschaft zwischen Russland und dem Iran. Dieser sieht zwar keinen Schutz des Irans durch Russland vor, aber es bleibt die Frage der Waffen. Sind Sie angesichts der aktuellen Dringlichkeit der Lage bereit, dem Iran neue Waffen zu liefern, damit er sich gegen israelische Angriffe verteidigen kann?

Wladimir Putin: Wissen Sie, wir haben unseren iranischen Freunden einmal angeboten, an einem Luftabwehrsystem zu arbeiten. Die [iranischen] Partner zeigten damals kein großes Interesse und damit war die Sache erledigt. Was den von Ihnen erwähnten Vertrag über strategische Partnerschaft angeht, so enthält er keine Artikel in Bezug auf den Verteidigungssektor. Das ist der zweite Punkt. Drittens: Unsere iranischen Freunde fragten uns nicht danach. Es gibt also nicht viel zu diskutieren!

Karim Talbi: Darf ich etwas klarstellen?

Wladimir Putin: Ja, bitte!

Karim Talbi: Wenn ich mich nicht irre, haben Sie doch S-300 und die modifizierte S-200 [Russische Flugabwehrraketensysteme] eingeführt, sodass Russland eine Rolle in Bezug auf die iranische Luftabwehr spielt?

Wladimir Putin: Wissen Sie, das ist nicht ganz dasselbe. Denn unser Vorschlag ist ein anderer: Wir wollen Systeme schaffen – keine Einzellieferungen, vielmehr Systeme. Dabei blieb es: Wir haben das einmal diskutiert, aber die iranische Seite zeigte kein großes Interesse an der Sache, die dann im Sand verlief.

Was einzelne Lieferungen angeht, so haben wir solche Lieferungen in der Vergangenheit natürlich durchgeführt. Das hat nichts mit der aktuellen Krise zu tun. Es handelte sich um eine reguläre militärisch-technische Zusammenarbeit im Rahmen internationaler Normen. Weder der Iran noch wir haben etwas gefordert, was gegen die von der Russischen Föderation unterzeichneten Normen verstoßen würde. Wir haben uns stets an die gesetzlichen Rahmenbedingungen gehalten. Sonst noch etwas?

Michail Gusman: Wladimir Wladimirowitsch, ich möchte Ihnen Abdusaid Kuchimov vorstellen, obwohl Sie ihn bereits kennen. Er ist Generaldirektor der usbekischen Nachrichtenagentur UzA [Usbekistan National News Agency). Er ist nicht nur ein hervorragender Journalist und langjähriger Leiter der Agentur, sondern auch Autor von fast 20 Gedichtbänden. Dennoch vermute ich, dass er Ihnen lieber eine Frage stellen, als Ihnen seine Gedichte vorlesen wollte. Ich habe jedoch gesagt: „Verschieben wir die Poesie für ein anderes Mal, heute möchte ich, dass Sie eine Frage stellen.“ So haben wir es beschlossen. Saeed, Sie haben das Wort.

Wladimir Putin: Gibt es Gedichte auf Usbekisch?

Michail Gusman: Ja, auf Usbekisch. Er schreibt sehr gut Gedichte!

Abdusaid Kuchimov, Generaldirektor von UzA mit seiner Frage an Putin | Quelle: Screenshot Kreml

Abdusaid Kuchimov: Sehr geehrter Wladimir Wladimirowitsch!

Sie wissen, dass unsere Gesellschaft ein sehr großes Interesse an allem hat, was in Russland und um Russland herum geschieht. Dies ist in erster Linie auf unsere historischen und traditionell freundschaftlichen Beziehungen sowie auf die Ähnlichkeit der Mentalität unserer Völker zurückzuführen. Zweitens schätzt und unterstützt unsere Gesellschaft die enorme Arbeit sehr, die Sie und unser Präsident, Herr Shavkat Mirziyoyev, zur Stärkung der Zusammenarbeit leisten.

Heute haben die Beziehungen zwischen Usbekistan und Russland ein beispielloses Niveau erreicht. Natürlich gibt es einige Probleme und Schwierigkeiten, insbesondere im Bereich der Migration, aber wir haben den Eindruck, dass daran gearbeitet wird. In diesem Zusammenhang habe ich eine Frage und einen Vorschlag, wenn Sie gestatten: Ich glaube, dass die langfristige Entwicklung unserer Beziehungen davon abhängt, wie unsere jungen Menschen miteinander umgehen und sich gegenseitig akzeptieren. Heute wird in dieser Hinsicht viel getan. Unsere Jugendorganisationen arbeiten aktiv zusammen und nehmen an verschiedenen Veranstaltungen teil.

Doch, ich halte es für dringend notwendig, ein groß angelegtes langfristiges Jugendaustauschprogramm mit konkreten Projekten und Zielsetzungen zu verabschieden. Dies würde zur Annäherung der jungen Menschen beitragen, eine positive und freundschaftliche Wahrnehmung des anderen über viele Jahre hinweg auf der Grundlage der traditionellen Werte der Gesellschaft und der Geschichte stärken und natürlich dazu beitragen, die von mir erwähnten Probleme zu beseitigen. Ich würde gerne Ihre Meinung zu diesem Thema erfahren, lieber Wladimir Wladimirowitsch – vielen Dank!

Wladimir Putin: Zunächst möchte ich bestätigen, dass sich die Beziehungen zwischen unseren Ländern sehr erfolgreich und stetig weiter entwickeln. Bei der Beantwortung einer Frage Ihres Kollegen aus Kasachstan hatte ich erwähnt, dass wir viele trilaterale Projekte verfolgen. Solch seriöse Projekte können im Bereich der Kernenergie sowohl in Usbekistan als auch in Kasachstan umgesetzt werden. Wir arbeiten intensiv an diesen Projekten und befinden uns in einer guten Entwicklungsphase.

Übrigens habe ich zu Beginn des Gesprächs, als wir über Indonesien sprachen, erwähnt, dass sich die Welt sehr schnell entwickelt und nahezu 300 Millionen Menschen in Indonesien leben. Unsere Welt verändert sich sehr schnell. Sehen Sie, vor etwa 30 Jahren lebten in Usbekistan 15, wahrscheinlich sogar 18 Millionen Menschen. Jetzt leben in Usbekistan 38 Millionen Menschen und jedes Jahr kommen eine Million hinzu – jedes Jahr eine Million. Sie sehen, wie schnell sich die Dinge verändern.

Natürlich verstehen wir, dass es viele soziale Probleme und solche auf dem Arbeitsmarkt gibt – wir alle verstehen das. Wir haben mit Shavkat Miromonovich vereinbart, dass wir diese Migrationsprobleme gemeinsam lösen werden. Warum? Weil wir wissen, wie die aktuelle Lage auf dem Arbeitsmarkt aussieht. Sie erleben zunehmenden Druck!

Aber wir haben uns darauf geeinigt, etwas zu unternehmen, um diejenigen, die in Russland arbeiten möchten, im Voraus darauf vorzubereiten. Dazu gehört das Erlernen der russischen Sprache, das Kennenlernen der russischen Kultur und so weiter – es gibt einen guten Plan. Ich hoffe, dass wir all dies organisieren werden.

In dieser Beziehung ist es stets sehr wichtig und wertvoll, mit jungen Menschen zu arbeiten. In diesem Punkt stimme ich Ihnen voll und ganz zu. Soweit ich weiß, war Shavkat Miromonovichs Assistentin, Saida Shavkatovna, kürzlich in Moskau und hat sich mit vielen meiner Kollegen aus der Regierung und Präsidialverwaltung getroffen. Sie konzentriert sich derzeit im Auftrag des Präsidenten auf den Aufbau von Kontakten zwischen jungen Menschen und Förderung dieser jugendorientierten Initiativen.

Hier gibt es konkrete Vorschläge, an denen wir ganz sicher gemeinsam arbeiten werden. Das [die Ausrichtung auf die Jugend] ist eines der wichtigsten Dinge – da stimme ich Ihnen zu!

Michail Gusman: Vielen Dank, Wladimir Wladimirowitsch!
Ich möchte nun das Wort an den Chefredakteur der Nachrichtenagentur Associated Press [AP] weitergeben, der zum zweiten Mal hier ist. Übrigens möchte ich sagen, dass trotz der unterschiedlichen Phasen in den Beziehungen zwischen Russland und den Vereinigten Staaten unsere Agentur TASS und die Agentur Associated Press in verschiedenen Formen zusammenarbeiten. Unsere Kollegen von Associated Press haben an fast allen Ihren Treffen teilgenommen – an allen neun – James Jordan, bitte!

James Jordan, Chefredakteur AP hat auf den Staatsstreich 2014 in Kiew vergessen | Quelle: Screenshot Kreml

James Jordan: Vielen Dank, Herr Gusman, für die Vorstellung. Vielen Dank, Herr Präsident, dass Sie mir die Gelegenheit geben, diese Fragen direkt an Sie zu richten. Ich weiß das sehr zu schätzen.

Was die Konfrontation zwischen dem Iran und Israel betrifft, so verurteilte das russische Außenministerium am 13. Juni die israelischen Angriffe auf den Iran. Es hieß, dass diese nicht provoziert worden, sondern militärische Angriffe gegen ein souveränes UN-Mitglied, gegen seine Bürger, friedliche Städte und kritische Infrastruktur wären. „Das ist absolut inakzeptabel“, erklärte das Außenministerium.

Eine einfache Frage: Wie passt das zu Russlands anhaltender Aggression in der Ukraine? Gestern wurden in Kiew 28 Zivilisten getötet. Unsere Journalisten wurden Zeugen, wie eine russische Rakete einen ganzen Stadtblock zerstörte. Wie lassen sich diese beiden Positionen miteinander vereinbaren?

Gibt es außerdem Pläne für ein Treffen mit Präsident Trump oder vielleicht für ein Telefongespräch mit ihm? Vielen Dank!

Wladimir Putin: Was unsere Maßnahmen zur Ukraine angeht, so habe ich dies bereits ausführlich Ihrem Kollegen aus der Türkei in Beantwortung seiner Frage erläutert, sodass ich mich nicht wiederholen möchte. Wir sind der Ansicht, dass wir die Militäroperationen in der Ukraine nicht begonnen haben, sondern sie zu beenden, versuchen.

Die heutige ukrainische Führung hat den Krieg auf ihrem eigenen Territorium begonnen, indem sie nach dem Staatsstreich in Kiew mit Streitkräften, darunter schwerem Gerät und ihrer Luftwaffe, gegen die Zivilbevölkerung im Südosten – damals noch der Südosten der Ukraine – gegen den Donbass, Luhansk und Donezk vorgegangen ist.

  • Erstens: Die Ukraine hat Wohngebiete direkt angreifen lassen. Aus irgendeinem Grund will sich heute niemand daran erinnern, aber es war diese Politik, die zum aktuellen bewaffneten Konflikt zwischen Russland und der Ukraine geführt hat.
  • Zweitens. Wenn Ihre Journalisten gesehen hätten, wie ganze Wohngebiete durch unsere Raketen zerstört worden wären, könnten sie Ihnen kaum etwas darüber berichten: Sie hätten das nicht überlebt. Wenn sie etwas gesehen haben, dann von außen. Doch, der Angriff galt nicht Wohngebieten, sondern Einrichtungen der Verteidigungsindustrie und Fabriken, die militärische Ausrüstung herstellen. Das ist es, was wir tun und wir machen daraus kein Geheimnis!

Eines der Ziele der militärischen Sonderoperation ist die Entmilitarisierung der Ukraine, das heisst ihr die Möglichkeit zu nehmen, Streitkräfte zu unterhalten, die eine Bedrohung gegen uns darstellten. Um dies zu erreichen, müssen wir entweder mit ihnen verhandeln, wie wir es im Zuge der Istanbuler Vereinbarungen im Jahr 2022 getan haben. Wir hatten uns dabei auch schon auf die Größe der ukrainischen Streitkräfte geeinigt, einschließlich ihrer Bewaffnung und der Zahl ihrer Soldaten. Wir hatten uns über alles geeinigt, aber dann haben die westlichen Verbündeten der Ukraine dank ihrer Intervention diese Vereinbarungen, wie ich schon sagte, in den Papierkorb werfen lassen. Die westlichen Verbündeten haben beschlossen, uns bis zum letzten Ukrainer zu bekämpfen, um einen vollständigen strategischen Sieg zu erringen.

Das wird nicht geschehen und deshalb sind wir gezwungen, statt einer friedlichen Einigung in dieser Frage unsere Streitkräfte einzusetzen, um dieses Ziel, nämlich die Entmilitarisierung [der Ukraine], zu erreichen. Wir werden nicht zulassen, dass die Ukraine über Streitkräfte verfügt, welche die Russische Föderation und ihr Volk potenziell bedrohen könnten.

Diese Angriffe [in Kiew] wurden von Ihren Journalisten beobachtet. Natürlich werden wir unsere Ziele mit militärischen Mitteln verfolgen, solange wir keine friedliche Einigung erzielen können. Daran ist nichts Ungewöhnliches. Ich hoffe, dass ich jenen Teil Ihrer Frage damit beantwortet habe.

Was die Erklärung zum Außenministerium angeht, so ist sie meiner Meinung nach mit dem Verweis auf das Völkerrecht ebenso klar und überaus deutlich. Was unsere Maßnahmen in der Ukraine und deren Übereinstimmung mit dem Völkerrecht angeht, so habe ich zuvor unsere Logik Schritt für Schritt erläutert:

Wir sind der Ansicht, dass diese voll und ganz im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen stehen!

Was die Einschätzungen unseres Außenministeriums angeht, sollten Sie selbst beurteilen, was objektiv ist und was weit hergeholt scheint. Ich habe nichts weit Hergeholtes feststellen können. Ich hoffe, dass ich Sie zufriedenstellen und Ihre Frage diesbezüglich beantworten konnte.

Was mögliche Treffen mit Herrn Trump angeht, so wären diese ganz sicher sehr hilfreich. Ich stimme dem Präsidenten der Vereinigten Staaten zu, dass sie vorbereitet werden müssen und zu gewissen positiven Ergebnissen führen sollten. Der eingeschlagene Weg ist gut gewählt und wir haben mehrfach mit Präsident Trump telefoniert. Wir respektieren seine Absicht ganz ausserordentlich, die Beziehungen zu Russland in vielen Bereichen, sowohl im Bereich der Sicherheit als auch in dem der Wirtschaft, wiederherzustellen.

Unsere Exporte in die Vereinigten Staaten sind um das Zehnfache und die Importe aus den Vereinigten Staaten nach Russland sind um mehr als das Vierfache zurückgegangen. Allerdings waren sie bereits gering und beliefen sich nur auf 27 Milliarden [Dollar] und sind inzwischen auf wenige Dollar gesunken. Dennoch hat das Handelsvolumen mit den Vereinigten Staaten im letzten Jahr zugenommen:

Während der Handel mit vielen europäischen Ländern zurückgegangen ist, hat der Handel mit den Vereinigten Staaten zugenommen!

Ich habe zugleich Hoffnung, dass Herr Trump nicht nur ein Politiker und Mann, dem das amerikanische Volk das Schicksal seines Landes anvertraut hat, sondern auch Geschäftsmann ist. Darin sehe ich einen großen Vorteil, indem er alles berechnet und nachdem er ein wohlhabender Mann ist, rechnet er wahrscheinlich gut. Er rechnet also aus, wohin bestimmte Schritte in Bezug auf Russland führen könnten: Wie viel sie den Steuerzahlern oder der US-Wirtschaft kosten würden bzw. ob, die USA von bestimmten Schritten profitieren oder im Gegenteil Verluste erleiden würden.

Wir können sehen, dass amerikanische Unternehmen daran interessiert sind, Beziehungen zu Russland herzustellen. Es gibt bereits Kontakte zwischen großen Unternehmen von uns und den USA, die auf unseren Markt zurückkehren und zusammenarbeiten möchten. Das gibt Anlass zu vorsichtigem Optimismus. Ich hoffe, dass der Präsident der Vereinigten Staaten und seine engen Mitarbeiter dies sehen und hören und gemeinsam mit Vertretern der Wirtschaft Entscheidungen treffen werden, um die russisch-amerikanischen Beziehungen wiederherzustellen.

Wir stehen in Kontakt mit Herrn Rubio, dem Außenminister und mit Herrn Vance, dem Vizepräsidenten. Im Allgemeinen verbessern sich die Beziehungen allmählich. Auf jeden Fall werden die Voraussetzungen zur Wiederherstellung der Beziehungen geschaffen. Wir hoffen, dass sich dieser Trend fortsetzen lässt. Wir sind bereit dazu!

Michail Gusman: Vielen Dank, Wladimir Wladimirowitsch!
Ich möchte nun das Wort an Vugar Aliyev, den Vorstandsvorsitzenden der aserbaidschanischen staatlichen Nachrichtenagentur AZERTAC, weitergeben. Da ich selbst aus Baku stamme, habe ich Vugar gebeten, diesen Kreis zu schließen, damit mir nicht vorgeworfen wird, einen Landsmann zu bevorzugen. Er wird daher diese Fragerunde abschließen. Vugar, bitte!

Vugar Aliyev, Vorstandsvorsitzender von AZERTAC | Quelle: Screenshot Kreml

Vugar Aliyev: Guten Tag, Herr Präsident! Auch ich möchte Ihnen für dieses Treffen danken!
Meine Frage bezieht sich auf das Problem des Rückganges des Kaspischen Meeres. Während Ihres Aufenthalts in Baku haben Sie dieses Thema mit Herrn Präsident Ilham Aliyev besprochen und anschließend die zuständigen russischen Behörden instruiert. Vorläufige Untersuchungen zeigen, dass der starke Rückgang des Wasserstandes weiterhin anhält. Dabei ist zu beachten, dass mehr als 80% des Wassers des Kaspischen Meers aus der Wolga stammt, aber gleichzeitig auch der Zufluss aus der Wolga dramatisch zurückgeht. Welche Maßnahmen ergreift die russische Seite in dieser Hinsicht?

Wladimir Putin: Wissen Sie, dieses Thema wurde vom Präsidenten Aserbaidschans, Ilham Heydarovich [Oghlu Aliyev], angesprochen und ich habe sofort reagiert, weil es mir zuvor irgendwie entgangen war, obwohl das Problem sicherlich sehr groß, wenn nicht sogar global ist. Wir kennen die tragischen Beispiele des Aralsees und dergleichen. Hier ist es notwendig, rechtzeitig koordinierte Maßnahmen zu ergreifen. Die notwendigen Anweisungen wurden an die Regierung weitergeleitet und ich weiß, dass die Regierung der Russischen Föderation und die Regierung Aserbaidschans gemeinsam an Lösungen arbeiten.

Das Wichtigste für uns ist, dass wir nicht überstürzt handeln, sondern beharrlich und auf regelmäßiger Basis. Ich weiß nicht, wie sehr wir den Naturgewalten widerstehen können: Neben den menschlichen Aktivitäten im Wolga-Delta gibt es noch andere, vielleicht globale Ursachen. Soweit ich weiß, ist dies im Laufe der Geschichte immer wieder vorgekommen: Der Kaspisee steigt und fällt und sein Wasserstand schwankt.

Wir müssen nach den Gründen suchen und alles in unserer Macht Stehende tun, um irreversible Prozesse zu unterbinden. Wir arbeiten mit unseren Kollegen zusammen. Ich bin nicht in der Lage, [schon] konkrete Maßnahmen zu benennen, die sich im Prozess der Ausarbeitung befinden, doch weiß, dass man zusammenarbeitet. Wenn wir über Aserbaidschan sprechen, ist unser Handelsumsatz im letzten Jahr um sieben Prozent gestiegen, was ich für einen guten Indikator halte. Wir haben ein gutes Nord-Süd-Projekt sowie mehrere andere gute Projekte in den Bereichen Logistik und Fertigung, darunter auch in Bezug auf den Schiffbau. Wir sind bereit, die Werft in Baku mit unseren Aufträgen zu füllen. Es gibt viel zu tun und alle Projekte sind inhaltlich vielversprechend. Ich hoffe, dass wir alles umsetzen können.

Michail Gusman: Vielen Dank, Wladimir Wladimirowitsch!
Wissen Sie, meine Kollegen meiner Agentur würden mich nicht verstehen, wenn ich keine Frage der Agentur TASS stellen würde. Aber ehrlich gesagt ist es nicht einmal eine Frage, es ist eher ein Schrei aus dem Herzen, es ist unser Schmerz. Ich möchte Ihnen sagen, worum es geht. Wenn man die militärischen Berufe ausser Acht lässt, stellt sich heraus, dass der Beruf des Journalisten in den letzten Jahren fast zum gefährlichsten geworden ist:

Unsere Kollegen werden in Krisengebieten auf der ganzen Welt getötet. Wir russische Journalisten, haben eine Reihe unserer Kollegen verloren!

Das ist es, was in uns Schmerz und Trauer verursacht: Der Schmerz über den Verlust unserer Kollegen von WGTRK [Medienholdung-Gesellschaft in Moskau], der Schmerz über den Verlust unserer Kollegen von Izvestia. Das gilt übrigens für Journalisten auf der ganzen Welt und es ist wirklich ein gemeinsamer Schmerz.

Was können und sollten internationale Organisationen, wie die der Vereinten Nationen und die von UNESCO Ihrer Meinung nach tun? Es gibt ein Sprichwort: „Erschießt nicht den Pianisten, er spielt nur, soweit er kann!“ Man darf Journalisten nicht erschießen. Sie sind ehrliche Menschen, die ihre berufliche Pflicht ohne Waffen und mit Integrität erfüllen! Welche Anstrengungen sollten unternommen werden, um zu verhindern, dass Journalisten getötet werden? Allein im letzten Jahr ist die Zahl der getöteten Journalisten um 10 Prozent gestiegen und dieses Jahr ist bereits nach sechs Monaten die Zahl der Opfer höher als im letzten Jahr!

Wladimir Putin: Das ist eine Frage, die ich kaum vollständig beantworten kann. Das hängt auch vom Niveau der gegnerischen Seiten ab:

Seltsamerweise hängt es vom allgemeinen Bildungsniveau und von der Einstellung zu humanitären Fragen ab!

Leider sind bei Feindseligkeiten Opfer unter Journalisten unvermeidlich. Das trifft jedoch nicht den Kern der Sache. Das Hauptproblem entsteht, wenn dies vorsätzlich erfolgt und Menschen – auch aus ihrem unmittelbaren Kreis – trifft. Es ist eine große Tragödie, wenn Menschen verletzt werden oder gar ihr Leben verlieren. Wenn dies jedoch vorsätzlich geschieht, stellt es zweifellos ein Verbrechen dar.

In diesem Fall ist es für uns von entscheidender Bedeutung, sich damit zu befassen, wie die internationale Gemeinschaft darauf zu reagieren hätte!

Was geschieht denn im Grunde gerade? Wenn ein Journalist der gegnerischen Seite getötet wird, tun die Verbündeten der anderen Seite so, als wäre nichts geschehen, doch die gegnerische Seite macht viel Aufhebens, um sich Gehör zu verschaffen. Und dann geschieht dasselbe in umgekehrter Richtung. Übrigens funktioniert auch die journalistische Solidarität nicht vollständig!

Natürlich haben wir diesbezüglich auf internationaler Ebene, auf der Ebene der Vereinten Nationen, einige Entscheidungen zu treffen. Wir müssen uns damit befassen, denn das ist keine müßige Frage!

Ich möchte allen Familien mein Beileid aussprechen, unabhängig davon, auf welcher Seite die Opfer standen und wer seine berufliche Pflicht erfüllt hat: Ich möchte allen Familien mein Bedauern und mein Beileid aussprechen!

Michail Gusman: Wladimir Wladimirowitsch, vielen Dank für diese Worte der Unterstützung. Das ist für uns alle sehr wichtig! Ich muss sagen, dass wir nun schon seit zwei Tagen zusammensitzen: Wir haben gestern begonnen und heute weitergemacht. Ehrlich gesagt scheinen unsere Kollegen gerade erst warm zu werden. Aber das hängt von Ihrer Kraft ab und wenn Sie noch die Möglichkeit einräumen…

Wladimir Putin: Bitte fahren Sie fort!

Michail Gusman: Dann, liebe Kollegen, machen wir es einzeln: Wer etwas auf dem Herzen hat, hebt bitte die Hand und wir bitten den Präsidenten, darauf zu antworten. Aber, ich ersuche um kurze Fragen!

Serdar Karagöz, Generaldirektor der Anadolu Agency fragt für den überfallenen Iran | Quelle: Screenshot Kreml

Serdar Karagöz: Vielen Dank, Herr Präsident.
Eigentlich sollte ein Vertreter der iranischen Nachrichtenagentur bei uns sein, aber er konnte wegen des Krieges nicht kommen. Sie wissen, dass es einen direkten, gezielten Angriff auf das Gebäude des iranischen Staatsfernsehens in Teheran gab und dass bei israelischen Angriffen in Gaza zahlreiche Journalisten getötet wurden. Ich denke, die Iraner würden diese Frage stellen: Wird Putin, wird Russland den Iran unterstützen? Ich möchte diese Frage im Namen des Iran stellen!

Wladimir Putin: Sehen Sie, Ihr Kollege hat gerade über die Erklärung des Außenministeriums der Russischen Föderation zu den Ereignissen zwischen Israel und dem Iran gesprochen. Darin wird unsere Position dargelegt. Ich habe dem nichts hinzuzufügen – das ist alles!

  • Erstens: Wir stehen in ständigem Kontakt mit unseren iranischen Partnern: Wir hatten diese Kontakte heute und ich denke, wir werden sie morgen und übermorgen haben. Wir setzen unsere Beziehungen fort.
  • Zweitens: Ich habe das bereits gesagt: Unsere Spezialisten arbeiten am [Kernkraftwerk] Buschehr. 250 Personen und noch andere Geschäftsreisende – insgesamt könnten es bis zu 600 Leute sein, befinden sich vor Ort und wir gehen nicht weg. Ist das keine Unterstützung? Der Iran hat uns um keine weitere Unterstützung gebeten und ich wiederhole, wir haben dazu unsere Einschätzungen abgegeben. Bitte, was noch?
Simona Robinson, Chefredakteur Reuters (re) neben D. Peskow (li), Kreml-Sprecher | Quelle: Screenshot Kreml,

Simon Robinson: Vielen Dank, Herr Präsident, dass Sie sich bereit erklärt haben, eine zweite Frage zu beantworten.
Sie haben vorhin gesagt, dass Europa und andere Länder Fehler gegenüber Russland gemacht haben. Ende dieses Jahres werden Sie seit mehr als 25 Jahren Präsident oder Ministerpräsident gewesen sein. Wenn Sie zurückblicken, glauben Sie, dass Sie Fehler gemacht haben?

Wladimir Putin:

Wer von Ihnen ist ohne Sünde? Der werfe den ersten Stein auf mich!

Lassen wir es dabei bewenden – vielen Dank!

Michail Gusman: Vielen Dank, Wladimir Wladimirowitsch!

***

Teil I erschien: HIER
Teil II erschien: HIER



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Von Redaktion

2 Gedanken zu „Putin: «Vorsätzliches Töten von Journalisten hängt vom Niveau gegnerischer Seite ab…»“
  1. Auslöser des Iran-Israel-Kriegs aus einem Palantir-Algorithmus herausgefiltert
    Die Resolution des IAEO-Gouverneursrats vom 12. Juni 2025 wegen „Nichteinhaltung der Verpflichtungen” war der geplante Vorläufer für Israels „Schlag aus heiterem Himmel” gegen den Iran am nächsten Tag. Die Israelis sagen, der Plan, gegen den Iran in den Krieg zu ziehen, beruhte auf der „Gelegenheit” zum Schlag und nicht auf Geheimdienstinformationen, dass der Iran rasch eine Bombe bauen würde (das war der Vorwand für den Krieg).

    Die plötzliche Behauptung, der Iran stehe kurz vor der Atombombe (die scheinbar aus dem Nichts auftauchte und die Amerikaner ratlos zurückließ, wie es dazu kommen konnte, dass wir innerhalb eines Augenblicks in den Krieg ziehen), wurde später widerlegt von IAEO-Chef Grossi gegenüber CNN am 17. Juni – allerdings erst, nachdem der plötzliche Angriff auf den Iran bereits stattgefunden hatte:

    „Wir hatten keine Hinweise auf systematische Bemühungen [des Iran], eine Atomwaffe zu entwickeln”, bestätigte Grossi gegenüber CNN.

    Seine Erklärung löste die folgende Reaktion des iranischen Außenministeriums, Esmaeil Baqaei, am 19. Juni aus:

    „Das kommt zu spät, Herr Grossi – Sie haben diese Wahrheit in Ihrem absolut voreingenommenen Bericht verschleiert, der von den E3/den USA instrumentalisiert wurde, um eine Resolution mit haltlosen Vorwürfen der „Nichteinhaltung“ [durch den Iran] zu verfassen; dieselbe Resolution wurde dann als letzter Vorwand von einem völkermörderischen, kriegstreiberischen Regime benutzt, um einen Angriffskrieg gegen den Iran zu führen und einen rechtswidrigen Angriff auf unsere friedlichen Nuklearanlagen zu starten. Wissen Sie, wie viele unschuldige Iraner infolge dieses verbrecherischen Krieges getötet oder verstümmelt wurden? Sie haben die IAEO zu einem Instrument gemacht, mit dem Nicht-NPT-Mitglieder NPT-Mitglieder ihrer Grundrechte gemäß Artikel 4 berauben können. Haben Sie ein reines Gewissen?!“

    Dr. Ali Larijani, Berater des Obersten Führers, fügte hinzu:
    „Wenn der Krieg vorbei ist, werden wir den Direktor der IAEO, Rafael Grossi, zur Rechenschaft ziehen.“
    https://tkp.at/2025/06/22/ausloeser-des-iran-israel-kriegs-aus-einem-palantir-algorithmus-herausgefiltert/

    Wie eine KI den Krieg gegen den Iran ermöglichte und was IAEO und WHO gemeinsam haben
    https://tkp.at/2025/06/21/wie-eine-ki-den-krieg-gegen-den-iran-ermoeglichte-und-was-iaeo-und-who-gemeinsam-haben/

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  2. Liebe abhängige Journalisten des selbsternannten Wertewestens: Es gibt auf dieser Welt noch viele Gegenden wo dort die Menschen völlig anders denken und reagieren, auch in ihren HANDLUNGEN dem Westen völlig unverständlich ihre Probleme beseitigen oder zu bearbeiten. Der angebliche Wertewesten ist eben nicht der Lehrmeister der ganzen Welt, und wenn dem so wäre würden selbst im Westen alle Menschen einig sein, was sie aber nicht sind – man geht davon aus dass jeweils nur die eine Hälfte dafür, und die andere Hälfte dagegen sind und sich fügen müssen.

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