Ein neues „Überwachungsexperiment“ der EU plant nun erneut ganz tief in die Privatsphäre der Bevölkerung einzugreifen. Jede privat versendete Nachricht soll somit vor dem Versenden gescannt werden, dies kommt damit dem Verbot privater Nachrichtenübermittlungen gefährlich nahe.
Größtes „Überwachungstool“ in Friedenszeiten
Die EU plant nunmehr das größte Überwachungstool in Friedenszeiten ihrer Geschichte auf den Weg zu bringen, der Plan, jede private Nachricht zu durchsuchen, bevor sie versendet wird, wie auch uncutnews berichtet hatte.
Die Europäische Uniongeht unbeirrbar ihren Weg, nun wird der höchst umstrittene Plan, der private Nachrichtendienste zu Überwachungsinstrumenten machen würde, offenbar zur Umsetzung gebracht. Seit über drei Jahren stockten bis lang die Gespräche über die Frage, ob Anbieter verpflichtet werden sollten, alle Nachrichten auf illegales Material zu überprüfen und Verdächtiges an die Strafverfolgungsbehörden zu melden.
Die Europäische Kommission drängt jedoch massiv auf eine allgemeine Scanpflicht für Jedermann. Ganz im Gegensatz dazu jedoch, besteht das Europäische Parlament darauf, dass Kontrollen nur für unverschlüsselte Nachrichten von Personen gelten sollen, die bereits unter Verdacht stehen. Versuche, dabei eine Einigung zu erzielen, sind bislang wiederholt gescheitert, wobei Polen der letzte Ratsvorsitz war, der sich ohne eine Einigung zurückgezogen hatte.
Dänemark mimt den EU-Musterschüler
Im Juli gab es dann den Wechsel an der Spitze des EU-Rates. Dänemark übernahm die Führung und setzte, beinahe erwartungsgemäß, das Chat-Scanning wieder an die Spitze der legislativen Arbeit. Kopenhagen will hierbei vorpreschen und die Thematik priorisiert behandelt wissen und somit legte man gleich zu Beginn der Ratspräsidentschaft einen neuen Entwurf vor.
Durchgesickerten Protokollen eines Treffens im Juli zu Folge, lehnt sich die dänische Fassung eng an frühere Vorschläge aus Belgien und Ungarn an, ohne jedoch Zugeständnisse für verschlüsselte Gespräche zuzulassen. Eine „harmlosere“ Version aus Polen, die das Scannen freiwillig gemacht und verschlüsselte Chats in Ruhe gelassen hätte, wurde demnach jedoch fallen gelassen.
Von den 27 EU-Ländern äußerten sich 20 während der Debatte im Juli und legten dazu einen „umfassenden Prüfungsvorbehalt“ ein. Deutschland erklärte dazu zusammenfassend, dass „die familiäre Stimmung klar war“.
Einige Staaten noch zögerlich
Italien, Spanien und Ungarn sprechen sich für das obligatorische Chat-Scanning aus. Frankreich könnte den Ausschlag geben, da für eine Blockade des Plans vier Länder erforderlich wären, die mindestens 35 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. Paris ist schließlich von zögerlicher Unterstützung zu einer grundsätzlichen Zustimmung übergegangen.
Andere bleiben zurückhaltend oder lehnen ab. Belgien gibt zu, dass verschlüsseltes Scannen „auf nationaler Ebene ein schwieriges Thema“ ist. Estland berichtet von einem „nationalen Konflikt zwischen Sicherheitsbehörden und Datenschutzbeauftragten“. Österreich ist durch ein parlamentarisches Votum gegen verpflichtendes Scannen gebunden, eine Haltung, die auch von den Niederlanden geteilt wird. Luxemburg und Slowenien sind ebenfalls noch nicht überzeugt.
Polen warnt, dass das System die Cybersicherheit schwächen und „Angriffen aus dem Ausland“ Tür und Tor öffnen würde. Deutschland spricht sich seit nunmehr zwei Jahren gegen das verschlüsselte Scannen aus. Es muss allerdings noch bestätigt werden ob die neue Regierung an dieser Position festhalten wird.
Plan verstößt einmal mehr gegen die Grundrechte
Der Juristische Dienst des Rates ist zu dem Schluss gekommen, dass der Plan gegen die Grundrechte verstößt. Deren Standpunkt bleibt somit aufrecht, „die Kernprobleme des Zugangs zur Kommunikation aller Nutzer bleiben unverändert“. Sie betonen, dass „client-seitiges Scannen eine Verletzung der Menschenrechte darstellt“.
Entgegen aller jahrelanger Warnungen von Technologen, Anwälten und Verfechtern des Datenschutzes scheint die Entscheidung nun allerdings, einmal mehr, von der Politik und nicht von Beweisen abzuhängen. Dänemark hat daraufhin bereits einen, allerdings nur geringfügig überarbeiteten Entwurf vorgelegt. Die nächste diesbezügliche Verhandlungsrunde im Rat ist für den 12. September angesetzt, wobei die Befürworter auf eine endgültige Verabschiedung bis zum 14. Oktober hoffen.
Sollten sich Frankreich und Deutschland dem dänischen Vorstoß anschließen, könnte Europa bald die größte staatlich angeordnete Kontrolle jeglicher privater Kommunikation erleben, die direkt auf den Geräten der Menschen ausgeführt wird, bevor die Verschlüsselung sie schützen kann. Dies würde dann wohl das Ende jeglicher wirklich privaten Nachrichtenübermittlung in der EU bedeuten.
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